1.

Was ist Volkstheater?

2.

Wo wird auf Plattdeutsch Theater gespielt?

3.

Was wird auf Plattdeutsch gespielt?

4.

Warum spielt man auf Plattdeutsch Theater?

5.

Die Zukunft des Plattdüüschen Theaters im Oldenburger Land

3.     Was wird auf Plattdeutsch gespielt?

 Dem leider schon 1994 verstorbenen Oberkustos am Landesmuseum in Oldenburg, Dr. Karl Veit Riedel, verdanken wir eine einzigartige, insgesamt 910 Stücke umfassende Sammlung von Inhaltsangaben niederdeutscher Theaterstücke. Dr. Riedel, der mit seiner umfassenden Bildung als Literatur-, Kultur- und Sprachwissenschaftler seit 1968 in Oldenburg lebte und das Plattdeutsche hier als einen regionalen, kulturellen Wert für sich entdeckt hatte und stets um seine Pflege bemüht war, hat auch über das „Puppentheater in Oldenburg“ und über das „Niederdeutsche Theater in Oldenburg“ Standardwerke verfasst. Als Beiratsmitglied der Oldenburgischen Landschaft und als Jury-Mitglied bei verschiedenen Wettbewerben um neue, niederdeutsche Stücke kannte er sich genau aus in der plattdeutschen Theaterlandschaft, nicht nur in Oldenburg. Er war stets auf der Suche nach neuen regionalen und damit auch niederdeutschen Anregungen und wurde oft als Besucher auf dörflichen Theaterveranstaltungen gesehen. 

 Seine drei Bände über „Plattdeutsche Theaterstücke I, II und III“ (Isensee-Verlag, Oldenburg 1991, 1992 und 1994) sind eine Fundgrube und eine Pflichtlektüre für jeden, der sich mit plattdeutscher Theaterliteratur beschäftigt oder der/die ein plattdeutsches Stück für eine Aufführung sucht. Riedel hat dabei nicht nur Oldenburger Stücke vorgestellt und kommentiert, sondern die gesamte, niederdeutsche Theaterliteratur, wie sie seit ca. 100 Jahren verfasst und an den verschiedensten Stellen in Norddeutschland publiziert worden ist. Er geht dabei nach einem festen Schema vor, welches die Benutzung der drei Bände als Nachschlagewerk erleichtert: Auf jeweils einer Buchseite werden die Stücke knapp und präzise in vier Teilen besprochen: a) Autor b) Titel, Ein- und Zuordnung des Stücks c) Inhalt d) Schlussbemerkung mit Würdigung und Einschätzung der Bühnenwirksamkeit und Spielbarkeit. Riedel vermeidet es so, eine subjektive oder pointierte Rezension der Stücke zu entwickeln. Er folgt damit konsequent seinem selbstgestellten Ziel, nämlich möglichst alle auf Plattdeutsch in den letzten Jahren erschienenen Stücke, auch die im Selbstverlag oder bisher nur in Manuskripten der Autoren vorliegenden, zu erfassen und zu dokumentieren.

 In allen drei Bänden sind die Stücke nur alphabetisch nach den Verfassernamen angeordnet. Es erfolgt also keinerlei Zuordnung nach Art der Spiele, nach den benötigten Mitspielern, nach einem möglichen Spielort oder nach einem zu erwartenden Bühnenbild – auch nicht nach den anzusprechenden Zuschauern. Das erschwert also die schnelle, gezielte Auswahl eines Stückes für einen bestimmten Anlass und für eine spezielle Bühne.

 Ich will versuchen, hier einen kleinen Überblick über die Vielzahl der Stücke zu geben, die auch bei uns auf Plattdeutsch gespielt werden. Dabei stütze ich mich auf die „Sammlung Riedel“ ebenso wie auf das Angebot der Theaterverlage, besonders des Theaterverlags Karl Mahnke in Verden.

 Ich beginne mit dem kleinsten Bereich, auch vom Umfang der Stücke her: dem Kinder- und Jugendtheater. Hier handelt es sich oft um Kurzspiele oder Einakter, die in Schulen oder Jugendvereinen von engagierten Lehrern/innen und Vereinsleitern mit ihren Schülern und Jugendlichen zur Aufführung gebracht werden. Wie wichtig gerade diese Kurzspiele für das Weiterleben der plattdeutschen Sprache bei unseren Kindern und Jugendlichen sind, brauche ich wohl nicht zu betonen. Ich selbst habe in den letzten zwanzig Jahren auch eine ganze Reihe von solchen „Kortjans“ für die Schule verfasst. Es wird immer wieder beklagt, dass es zu wenig Kurzspiele für die Schüler gebe. Es gab auch schon eine Reihe von Wettbewerben für neue plattdeutsche „Kortjans“ für Kinder und Jugendliche. Die niederdeutschen Autoren und ihre Verlage machen jedoch gern einen Bogen um solche kleineren Stücke, weil sie nur wenig Tantiemen einbringen. Und auch das Kultusministerium ist kaum geneigt, den Autoren anständige Honorare für neue Stücke zu zahlen. Einen Ausweg sehe ich nur im modernen „Sponsoring“, d. h. die Schulen und Vereine müssten versuchen, über örtliche Sponsoren aus der Wirtschaft oder auch von Privatpersonen bessere finanzielle Anreize zu schaffen.

 Im „Riedel“ kann man nachlesen, dass es gerade in unserem Oldenburger Raum durchaus spielbare Stückvorlagen für Kinder und Jugendliche gibt, die jedoch häufig nur als Manuskript beim Autor erhältlich sind.

 Die große Masse der plattdeutschen Stücke, auch in den drei Verlagen Mahnke, Neruda und Schmidt, betrifft nach wie vor die ganz einfachen Schwänke – wie: „Ut´n Düwel warrt´n Engel“ oder „Jeppe in´t Paradies“. Ganz bewusst werden sie von den kleineren Orts- und Vereinsbühnen für Erwachsene gesucht und aufgeführt. Man mag das beklagen und die Starrheit und Einfachheit der Ansprüche auf dieser niedrigsten Stufe des plattdeutschen Volkstheaters beklagen, aber man sollte auch immer wieder bedenken, dass die Theaterkultur - auch die hochdeutsche – nun einmal auf dieser Ebene des einfachen, naiven und unkomplizierten Unterhaltungsbedürfnisses der Menschen in Stadt und Land beginnt und für bestimmte Anlässe des Lebens und der Menschen in ihrer Freizeit nicht wegzudenken ist, ob das nun der Feuerwehrball oder das Schützenfest ist. Ich sage immer: Mir ist es tausend Mal lieber, wenn die Leute abends zu einer echten Aufführung eines naiven, plattdeutschen Schwanks in ihrem Dorfgasthof gehen, als wenn sie die ganze Nacht vor den Primitiv-Filmchen und den Rabauken-Talkshows der Privatsender hocken.

 Es gibt aber auch eine große Anzahl von echten Komödien, das heißt von gut und dramaturgisch richtig gebauten Lustspielen, die mit Situations-, Sprach- und Charakterkomik glänzen. Als klassische Stücke dieser Art, die auch bei uns immer mal wieder gespielt werden, sind zu nennen: „Stratenmusik“ von Paul Schurek, „Wenn de Hahn kreiht“ von unserem bekannten August Hinrichs oder „De vergnögte Tankstell“ von Fritz Wempner oder „Twee Kisten Rum“ von Alma Rogge. Es gibt inzwischen auch zeitgenössische, plattdeutsche Komödien, in denen die veränderten gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse durchaus ihren Niederschlag finden. Namen von anerkannten Autoren wie: Ingo Sax, Christof Wehking, Konrad Hansen, Bernhard Farthmann oder Petra Blume werden Ihnen vielleicht auch schon einmal begegnet sein. Weil das Komödien-Angebot aber vielen Bühnen, gerade auch denen der niederdeutschen Bühnenbünde, immer noch nicht ausreicht, wird seit einigen Jahren vermehrt auf plattdeutsche Übersetzungen aus dem angelsächsischen Boulevardtheater zurückgegriffen. Die englischen Erfolgs-Autoren John B. Keane, Marc Camoletti oder sogar John Steinbeck und Tennessee Williams kann man inzwischen auch auf der plattdeutschen Bühne bei uns sehen. Natürlich sind solche Übersetzungen ins Niederdeutsche nicht jedermanns Geschmack, weil das sprachliche und örtliche Umfeld bei naturalistischer Betrachtungsweise einfach nicht stimmen kann. Die plattdeutsche Sprache bringt nun einmal jedermann mit Norddeutschland in Verbindung, aber keinesfalls mit Kalifornien oder New York. Aber auf der anderen Seite zeigen diese Aufführungen, dass die niederdeutsche Sprache tatsächlich mehr ist als nur ein norddeutscher Dialekt; dass sie also als solche auch tragfähig ist für gute Bühnenwerke aus anderen Ländern und Sprachen. Schließlich führt man in den Niederlanden auch regelmäßig Tennessee Williams und John Steinbeck in niederländischer Übersetzung auf und niemand stört sich daran.

 Un nu wüllt wi mol een lüttjen Szene vörläsen – un dorför hebb ik natürlich een Klassiker van August Hinrichs utsöcht: „Wenn de Hahn kreiht“. Dat Stück is al 1933 schräben worrn, man dat worrt jümmer noch bi us upföhrt. August Hinrichs hett hier een Modell för Charakter-, Situations- un ok Spraakkomik funnen, dat altiet ankummt, ok wenn de Rullen un de Ümstänne sik doch vandag gewaltig ännert hebbt.

 Wi wüllt nu een Szene ut den 1. Akt vörläsen – un dorför krieg ik nu Stütt un Stöhn van mien Ensemble: ik draff mol vörstellen:

 Anne Kühn..... läst de Gesine,

Marianne Ralle... de Lena,

Rolf-Dieter Mentz...... de Dörpvörsteher Jan

un Günter Kühn..... de Knecht Willem

 Un ik bedank mi nu al, dat de veer Froens- un Mannslü hier mitmaken doht. Eegentlich bruuk ik Se tja gor nich vörtostellen: Anne Kühn un Marianne Ralle sünd twee beröhmte – so kann ik woll seggen – Schauspeelerinnen van de oole August-Hinrichs-Bühne in Ollnborg; vandag speelt se obers beide leider nich meer mit. Un Günter Kühn is haast twintig Johr laang de Baas van de August-Hinrichs-Bühne west – un he is ok sülben Schrieversmann un Schauspeeler. Un Rolf-Dieter Mentz: de kennt hier jedereen in Edewecht: he is de Baas van dat Edewecht-Forum, man he is ok platt- un hochdüütsch Schauspeeler, so aff un ann jedenfalls, wenn he Tiet hett.

 Un nu läst wi:

 Lesen: A. Hinrichs, Wenn de Hahn kreiht 1. Akt, 5. Sz.

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 Ja, das ist also unsere klassische, Ammerländer Bauernkomödie von August Hinrichs. Lena, die Bauerntochter will ihr nächtliches Liebestreffen mit dem Tierarzt Renken – der sich in dieser Szene schon davongeschlichen hat - verheimlichen, ist dabei aber schon von Knecht Willem beobachtet worden. Lenas Mutter Gesine Kreyenborg ahnt etwas, wie alle Mütter in dieser Situation, kann aber nix beweisen und sucht Willem als Zeugen, der es sich aber wiederum nicht mit Lena verderben will. Der Bauer und Gemeindevorsteher Jan Kreyenborg kommt nun in dieser Szene zum ersten Mal auf die Bühne und wird als ein machtbewusster, aber leicht hinters Licht zu führender Patriarch eingeführt, der selber ein Bruder Leichtfuß ist und in der Nacht zuvor versucht hat, bei der Tochter des Schneiders Witt einzusteigen. Jan Kreyenborg hat also eine entfernte Verwandtschaft zu Kleists berühmtem Richter Adam in der Komödie „Der zerbrochene Krug“. Und wie dort trotzt diese Komödie von Hinrichs auch nur so vor Charakter- und Situationskomik. Willem aber ist hier eine typische Identifikationsfigur für das niederdeutsche Publikum – nicht nur vor achtzig Jahren! Er ist auch die heimliche Hauptfigur dieses Stückes. Er ist nur vordergründig der troddelige Knecht, der sich von allen herumstoßen lässt. In Wahrheit durchschaut er alle Vorgänge und Intrigen in der Bauernschaft sehr genau und hält auch die Fäden in der Hand. Dabei kann er sowohl mit seinem Charakter als auch mit den unterschiedlichen Situationen, in die er hineintapst, Komik erzeugen, wobei er das Publikum stets als Mitwisser auf seiner Seite hat.

 Dr. Riedel beurteilt diese Komödie in seinem 2. Band folgendermaßen: „Die klassische niederdeutsche Bauernkomödie ist wegen ihres dichten Gefüges, ihrer spannenden Handlung, ihrer vielfältigen Komik und ihrer dankbaren Rollen fester Bestandteil des Repertoires aller niederdeutschen Bühnen und immer ein Erfolg.“

(S. 134)

 Und wie prägend August Hinrichs für Oldenburg war, zeigt auch noch dieser sog. „Hahnenteller“, der im Jahre 1979 beim 100. Geburtstag des Dichters in Oldenburg als Bronzeguss von Anna-Maria Strackerjahn geschaffen wurde.

 Und nun zum niederdeutschen Schauspiel. Darunter sind alle ernsthaften Stücke bis hin zur klassischen Tragödie zu verstehen. Im Niederdeutschen gibt es seit etwa hundert Jahren hervorragende, klassische Schauspiele: Dazu rechne ich: „De Fährkroog“ von Hermann Bossdorf oder „Du“ von Rudolf Beiswanger oder „Station 45“ von Hinrich Kruse oder „Johanninacht“ von Konrad Hansen oder „Amaretto“ von Ingo Sax – um nur einige zu nennen. 

 Die beste, klassische Tragödie auf Niederdeutsch ist für mich „Mudder Mews“ von Fritz Stavenhagen. Das ist ein Werk, welches durchaus auf einer Stufe steht mit den naturalistischen Bühnenstücken von Gerhart Hauptmann. In diesem Stück von dem Hamburger Fritz Stavenhagen geht es um einen tragischen Konflikt zwischen Sohn, Mutter und Schwiegertochter, der für die Letztere tödlich ausgeht.

 In den letzten Jahrzehnten hat es immer wieder Autorenwettbewerbe der Niederdeutschen Bühnenbünde gegeben, um das ernsthafte, plattdeutsche Spiel zu fördern. Leider sind die Aufführungszahlen dieser Stücke, auch bei den Bühnen der Bühnenbünde, dann doch wieder nur begrenzt und fallen deutlich hinter den Schwänken und Komödien zurück. Aber man sollte nicht aufgeben. Schließlich gehen auch wesentlich weniger Zuschauer in das hochdeutsche Theater, wenn eine Tragödie gespielt wird.

 Das Stück „De Trallen“ von Günter Kühn – hier heute anwesend und von mir als Schauspieler engagiert – ist ebenfalls ein ernstzunehmendes, plattdeutsches Schauspiel aus dem Milieu der Kriminalität und Resozialisation. Es wurde 1976 in Neumünster uraufgeführt und lief im Jahre 1980 sehr erfolgreich als Inszenierung der August-Hinrichs-Bühne im Schloss-Saal. (Hier ein Szenenbild von der Aufführung in Oldenburg.)

 Günter Kühn selber hat für uns nun heute zwei Eingangsszenen aus seinem Stück ausgesucht und wird sie jetzt zusammen mit seiner Frau Anne und Marianne Ralle vortragen. Günter liest die Hauptfigur, den aus dem Gefängnis entlassenen, ehemaligen Strafgefangenen Hannes Knipp, Anne  liest dessen Frau, die er in dem Stück erst ein halbes Jahr vorher geheiratet hat – und Marianne liest die neugierige und etwas hinterhältige Hauswirtin Frau Kappels, welche mit ihrer Neugierde und Tratschsucht eine Bedrohung für den langsamen und schwierigen Prozess der Rückführung von Hannes Knipp in das bürgerliche Normalleben darstellt.

 Lesen: „De Trallen“ von Günter Kühn.

 Wir spüren hier also, wie in einem ernsthaften niederdeutschen Schauspiel in langen, manchmal quälend langen Dialogen um die Probleme der Resozialisation von ehemaligen Straftätern gerungen wird. Der im Grunde sehr empfindsame Hannes Knipp bekommt nur mühsam wieder festen Boden unter den Füßen, wobei ihm seine junge Frau Lisa treu zur Seite steht, trotz mancher Anfeindungen und Bedrohungen. Ein fester Arbeitsplatz und ein Bewährungshelfer stehen ihm dabei zur Seite. Doch gerade die sogenannte „normale“ Gesellschaft und Umwelt in einer beliebigen, niederdeutschen Kleinstadt macht immer wieder Schwierigkeiten und stellt den Prozess einer geduldigen Resozialisation in Frage. Auch einer Erpressung durch einen ehemaligen Mithäftling ist Hannes Knipp dann noch ausgeliefert. Doch seine Frau Lisa hält zu ihm und so gibt es am Schluss zwar weder in der Gesellschaft noch in der jungen Ehe eine ideale Lösung, aber es ergibt sich doch das Bekenntnis zu einem neuen Versuch und die Hoffnung auf ein „normales“ Leben.

 Dr. Riedel schreibt zu dem Stück „De Trallen“  in seinem 1. Band: „Das Stück kann wegen der eindrucksvoll herausgearbeiteten Probleme, seiner gut beobachteten Darstellung des Alltags und seiner bruchlosen Dialoge bei entsprechender Besetzung und sorgfältiger Regie nicht nur eindrucksvoll sein, sondern über die Ausführung hinaus wirken.“ (S. 146)

Über das Studiotheater habe ich eben ja schon etwas gesagt. Was sind das nun für Stücke? Es handelt sich häufig um Auftragswerke von Bühnen oder auch Städten und Ortvereinen, die folgende Formen umfassen: Historien-Spiele, Dokumentar-Spiele, Jubiläums-Stücke, Kabarett, Satire, Revuen, Musicals, Rezitations-Stücke, Liederabende, Jugendtheater-Eigenproduktionen. Das Stück der AHB, welches bisher in ihrer 80jährigen Geschichte auf häufigsten aufgeführt wurde – und zwar im „Heinrich-Kunst-Haus“ in Ofenerfeld – war eine solche Studioproduktion: „Frau Petersen oder die Heilige Johanna der Einbauküche“. Leider war das auch wieder eine Übersetzung aus dem Hochdeutschen. Der Verfasser ist Willy Russell, plattdeutsch von Herma Koehn.

 Ebenfalls im „Heinrich-Kunst-Haus“ wurde im Jahre 1999 mein Studiostück „Franz Fritsch – weer dat nich ´n Jöd“ mit großem Erfolg von der AHB aufgeführt. Darin stelle ich in Rückblenden von 1945 bis 1980 den vergeblichen Kampf des „Oskar Schindler von Bockhorn“, nämlich von Franz Fritsch, dar, der im Nachkriegsdeutschland um seine Anerkennung als Widerstandskämpfer und Retter von 4000 Juden kämpfen musste.

 Auch daraus wollen Rolf-Dieter Mentz und Günter Kühn hier nun den Anfang vorlesen – und ich werde anschließend noch ein paar Worte dazu sagen:

 Lesen: Franz Fritsch, „Weer dat nich ´n Jöd?“, Anfang, bis 1. Zeugenschranke.

 Dies ist also ein modernes Stationenstück, in dem von 1945 bis zur Gegenwart abwechselnd in zeitlich aufeinander folgenden Episoden die Geschichte von Franz Fritsch und seinem Kampf um Anerkennung als Widerstandskämpfer gegen die Nazis aufgezeigt wird, wobei die Schauspieler in den „Zeugenschranken“ jeweils aus ihrer Rolle heraustreten und sich rechtfertigend und erklärend an das Publikum wenden. Nun werden Sie vielleicht fragen, was so ein Studiostück denn noch mit dem plattdeutschen Theater zu tun hat, zumal die Hauptperson Franz Fritsch, ein Berliner, auch in meinem Stück kein Wort Plattdeutsch spricht, sondern eben Hochdeutsch mit Berliner Akzent. Ich wollte aber durchaus realistisch und dokumentarisch, auch im Sprachlichen, zeigen, wie dieser ins Oldenburgische zugezogene Berliner nach dem Krieg um sein Recht und seine Würde gekämpft hat – und zwar auch gegen eine, zwar nicht gerade feindliche oder rechtslastige, aber doch gleichgültige und rücksichtslose Umwelt gekämpft hat. Und zu dieser Umwelt bei uns gehört, nicht nur in Bockhorn, auch ein großer Teil der plattdeutschen Gesellschaft, ihrer Vereine, Honoratioren und Nachbarschaftsverhältnisse, besonders auf dem Land.

 Das Freilichttheater hat seit zehn, fünfzehn Jahren bei uns einen großen Aufschwung genommen. Sowohl in Brake, in Neuenburg, in Westerstede als auch im ostfriesischen Marienhafe und Ayenwolde sind aufwendige Produktionen sehr erfolgreich gelaufen. Das waren sowohl bekannte Stücke wie „De rieke Mann“ (Neuenburg), eine plattdeutsche Version des hochdeutschen „Jedermann“ oder „Faust“ auf Plattdeutsch (in Westerstede) wie auch extra geschriebene Stücke „Störtebeker“ von Ingo Sax (in Marienhafe) oder „Van Karken, Klocken un Leevde“ von mir (in Ayenwolde).

 Die Angebote und Formen, aber auch die Möglichkeiten und Risiken beim Studio- und Freilichttheater sind durchaus breit und vielfältig. Sie reichen von den aufwändigen  Historienspielen und Jubiläumsstücken, die einen Großeinsatz an Spielern, Kostümen, Übertragungs- und Lichttechnik, Bühnen- und Tribünenbau erfordern, bis hin zu

kammerspielartigen Studioproduktionen an variablen, neuen Spielorten. Man muss sich also auf neue Spielorte einzustellen, die dann auch noch stark wetterabhängig sein können. Die Freilichtbühnen müssen dann auch noch mit großem Kostenaufwand für eine relativ kurze Spielzeit von ca. zehn Aufführungen hergerichtet werden. In Ostfriesland, Westerstede, Jever und Dangast haben sich dafür ja sogar eigene Vereine bzw. Festspielorganisationen gebildet. Aber der große Erfolg dieser Aufführungen in den letzten Sommern hat gezeigt, dass das platt- und hochdeutsche Freilichttheater in unserer Region auch von den Touristen als ein besonderes Angebot wahrgenommen und besucht wird. Man kann regionale Aktzente an neuen, variablen Spielorten setzen und der persönliche, kreative Einsatz der Spielerinnen und Spieler ist besonders gefragt. Dabei können auch neue, kreative Pfade von allen Beteiligten – Autor, Regisseur, Schauspieler, Organisatoren – begangen werden.

 Es gibt bei diesen Aufführungen im Freien sechs Faktoren, die beachtet werden müssen: Ort, Zeit, Spieler, Autoren, Regisseure, Zuschauer. Wenn diese Sechs zusammenpassen, bzw. zusammenarbeiten und am gleichen Strang ziehen, dann wird jede Freilichtaufführung zu einem großen Erfolg.

 (Konzept Studiobühne):

Konzept: Studiobühne

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Was ist Volkstheater?

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Wo wird auf Plattdeutsch Theater gespielt?

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Was wird auf Plattdeutsch gespielt?

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Warum spielt man auf Plattdeutsch Theater?

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